Autoritäre Erziehung – Merkmale und Folgen

Autoritäre Erziehung

Herzlich willkommen zum dritten Teil der Artikelserie über Erziehungsstile. In diesem Artikel beschreibe ich euch, wodurch autoritäre Erziehung gekennzeichnet ist und wie sie sich auf die Entwicklung des Kindes auswirkt.

Dieser Artikel ist Teil der Serie: Erziehungsstile nach Baumrind

Autoritäre Erziehung – Merkmale

Hier noch mal die wichtigsten Merkmale von autoritärer Erziehung:

Anforderungen und Kontrolle

Bei einer autoritären Erziehung stellen die Eltern viele Anforderungen an das Kind. Das Verhalten des Kindes wird überwacht und kontrolliert; es gibt viele Regeln und strikt formulierte Grenzen.

Werden Grenzen überschritten, folgen schnell teils übertriebene Konsequenzen und auch körperliche Strafen. Was Regeln und Grenzen betrifft, gibt es für das Kind kaum Möglichkeiten für Kompromisse.

Das Kind muss etwas tun, weil die Eltern es so wollen und weil sie „das Sagen haben“. Die strenge Kontrolle empfindet das Kind als einschränkend. Es fühlt sich unterdrückt, nicht gehört und hilfslos den Befehlen der Eltern ausgeliefert.

Vertrauen und Autonomie

Bei der autoritären Erziehung ist es oft so, dass die Eltern dem Kind nur wenig vertrauen („das kannst du nicht!“). Das liegt auch daran, dass die grundsätzliche Haltung zum Kind eher negativ ist.

Eine gängige Annahme ist oft, dass das Kind noch kein vollwertiger Mensch ist – es ist eben „nur“ ein Kind. Die Eltern fördern die Autonomie des Kindes nicht. Sie kontrollieren das Kind sehr stark und geben den Weg vor, so dass wenig Raum für eigene Erfahrungen bleibt.

Bei der autoritären Erziehung lernen die Kinder auch kaum, eigenständig zu denken und sich eine eigene Meinung zu bilden. Wie auch, wenn immer nur die Interessen und Bedürfnisse der Eltern zählen.

Kommunikation

Bei der autoritären Erziehung wird kein Wert auf offene Kommunikation gelegt. Die Eltern sprechen mit dem Kind so, wie es für Erwachsene angemessen wäre.

Weil das Kind in den Augen der Eltern kein gleichwürdiger Kommunikationspartner ist, werden die Worte des Kindes auch kaum ernst genommen. Die Machtunterschiede kommen in der Sprache besonders gut zum Ausdruck („Kannst du nicht mal was richtig machen?!“).

Die Kinder werden von den Eltern oft verbal kritisiert und abgewertet. Durch dieses abwertende Verhalten erleben die Kinder eine starke psychologische Kontrolle.

Wärme und Interesse

Autoritäre Eltern zeigen nur wenig Wärme und interessieren sich nicht besonders für das Leben ihres Kindes. Am liebsten wäre es ihnen, wenn das Kind alleine klar kommt und sie nicht so viel Arbeit haben.

Oft haben autoritäre Eltern vor allem ein Interesse am Kind: die Schulleistungen. Läuft es in der Schule gut, sind die Eltern zufrieden und das Zusammenleben ist fürs erste gerettet. Gibt es schlechte Noten oder sogar Probleme in der Schule, hängt der Haussegen schief.

Es folgen nicht selten Liebesentzug oder andere Strafen wie Hausarrest oder Fernseh-/Playstation-/Handyverbot. Hier lernen die Kinder vor allem eines: Ich werde nur geliebt, wenn ich gute Noten nach Hause bringe. Bin ich schlecht in der Schule, bin ich auch sonst ein schlechter Mensch.

Autoritäre Erziehung – Auswirkungen

Nun schauen wir uns für verschiedene Bereiche an, wie sich eine autoritäre Erziehung auf die Entwicklung des Kindes auswirkt:

Schulische Leistungen

Autöritär erzogene Kinder zeigen oft in den ersten Schuljahren noch ziemlich gute Leistungen. Die Leistungen werden dann aber im weiteren Verlauf (ab der 3./4. Klasse) immer schwächer.

Es wird vermutet, dass die Leistungen durch die starke Kontrolle der Eltern anfangs noch recht hoch sind. Da die Kinder aber nie zum eigenständigen Denken angeleitet wurden, fehlt ihnen diese Kompetenz in den höheren Klassen.

Die Kinder entwickeln auch häufig negative Einstellungen zum Schulbesuch. Man kann also sagen, dass autoritäre Erziehung das Lernen des Kindes beeinträchtigt.

Das Kind wird vom aktiven Problemlösen abgehalten und wird stattdessen immer abhängiger von der Kontrolle und Anleitung durch Erwachsene.

Das Kind ist außerdem nur wenig intrinsisch motiviert, was die Schule betrifft. Die Motivation, etwas für die Schule zu tun, kommt also nicht von innen heraus, sondern wird von außen (durch die Eltern) aufgelegt. Wenn sie sich überhaupt in der Schule anstrengen, dann nur, weil es die Familie so erwartet.

Damit zusammen hängt auch, dass die Selbstwirksamkeitserwartungen des Kindes nicht sehr hoch sind. Das Kind probiert eine (schwierige) Aufgabe gar nicht erst aus, weil es davon ausgeht, sie sowieso nicht lösen zu können.

Anpassung und Problembewältigung

Weitere Studien zeigen, dass die Kinder eher passive, vermeidende Bewältigungsstrategien haben. Sie suchen seltener Unterstützung durch Andere und versuchen Probleme nicht aktiv zu lösen. Stattdessen werden Probleme verdrängt oder „mit sich selbst ausgemacht“.

Sie zeigen außerdem mehr Verhaltsprobleme und Ängste. Passend dazu ist auch, dass diese Kinder häufiger Drogen (sowohl harte Drogen als auch Nikotin und Alkohol) nehmen und öfter straffällig werden.

Gewicht

Kinder, die autoritär erzogen werden, haben außerdem ein höheres Risiko für Übergewicht. Denkbar wäre, dass die vielen Verbote dazu führen, dass die Kinder mehr essen. Dann könnten sie wenigstens in einem Lebensbereich auch mal selbst Kontrolle ausüben.

Fazit

Vielleicht könnt ihr es euch schon denken, aber der autoritäre Erziehungsstil ist in unserer westlichen Welt nicht gerade der beste Erziehungsstil. Die Kinder erleben viele Einschränkungen und es fehlen ihnen zahlreiche Möglichkeiten, sich im Leben eigenständig auszuprobieren.

Man muss dazu sagen, dass es vor ein paar Jahrzehnten noch ganz selbstverständlich war, seine Kinder auf diese Art zu erziehen. Doch ich bin froh, dass diese Zeiten für die meisten Kinder vorbei sind.

Dass sich Eltern überhaupt Gedanken machen und ihr Erziehungsverhalten hinterfragen, empfinde ich als einen großen Fortschritt. Und auch wenn es uns Eltern vielleicht nicht immer gelingt, zu unseren Kindern eine perfekt wertschätzende, liebevolle und förderliche Beziehung zu pflegen: Die Bemühungen, es besser (anders) zu machen, sind ein erster Schritt in die richtige Richtung.

An dieser Stelle noch ein ergänzender Hinweis: Diese Ergebnisse sind stark von der Kultur abhängig. Im chinesischen oder auch afrikanischen Raum sind die Forschungsergebnisse nicht so eindeutig (negativ). Dort entwickeln sich die Kinder auch gut, wenn sie autoritär erzogen werden.

Was habt ihr für einen Eindruck? Ist autoritäre Erziehung für unsere Kinder so schädlich, wie wir es überall lesen und hören können? Kennt ihr Beispiele, die dafür oder dagegen sprechen? Ich freue mich über eure Kommentare!

Im nächsten Artikel geht es um den nachgiebigen Erziehungsstil.

Literatur & Links

Baumrind, D. (1971). Current patterns of parental authority. Developmental psychology, 4, 1-103.

Grolnick, W. S., & Ryan, R. M. (1989). Parent styles associated with children’s self-regulation and competence in school. Journal of educational psychology, 81, 143-154.

Maccoby, E. E., & Martin, J. A. (1983). Socialization in the context of the family: parent-child interaction. In P. H. Mussen (Ed.), Handbook of child psychology, pp. 1-102. New York: Wiley.

Rhee, K. E., Lumeng, J. C., Appugliese, D. P., Kaciroti, N., & Bradley, R. H. (2006). Parenting styles and overweight status in first grade. Pediatrics, 117, 2047-2054.

Simons, L. G., & Conger, R. D. (2007). Linking mother–father differences in parenting to a typology of family parenting styles and adolescent outcomes. Journal of Family Issues, 28, 212-241.

Wolfradt, U., Hempel, S., & Miles, J. N. (2003). Perceived parenting styles, depersonalisation, anxiety and coping behaviour in adolescents. Personality and individual differences, 34, 521-532.

https://www.kita.de/wissen/autoritaere-erziehung/

https://www.hellofamily.ch/de/familienratgeber/familienleben/erziehung/erziehungsstile/autoritaer.html

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