Frühkindliche Schlafstörungen – Ursachen und Behandlungsmöglichkeiten

frühkindliche Schlafstörungen

Im Artikel Über Schreikinder und andere Regulationsstörungen gab es bereits einige grundlegende Informationen zu Regulationsstörungen. In diesem Artikel geht es nun noch mal im Detail um eine der drei häufigsten Regulationsstörungen, dem frühkindlichen Schlafstörungen.

Wie frühkindliche Schlafstörungen definiert werden und welche Ursachen es dafür gibt, wird im Folgenden näher erläutert. Außerdem werden Behandlungsmöglichkeiten genannt, die genau auf die Situation von Babys mit Schlafstörungen bzw. deren Eltern zugeschnitten sind.

Wann spricht man von frühkindlichen Schlafstörungen?

Beim Schlafen verhält es sich genauso wie mit dem Schreien: Ein gewisses Maß an Schwierigkeiten beim Ein- oder Durchschlafen sind völlig normal. Denn der kindliche Organismus muss sich erst mal einen individuellen Schlaf-Wach-Rhythmus aneignen. Daher stellt sich eher die Frage, ab wann Schlafstörungen „auffällig“ sind bzw. wann sie die Grenzen des Üblichen überschreiten.

Diesbezüglich gibt es drei Merkmale, durch die frühkindliche Schlafstörungen gekennzeichnet sind [1]:

1. Das (Ein-)Schlafen

Das Baby benötigt auch nach dem 6. Lebensmonat noch umfangreiche, langwierige Einschlafhilfen, da es ohne diese nicht in den Schlaf findet. Das Schlafen selbst und auch das wiederholte Aufwachen in der Nacht sind hier gar nicht das Problem. Vielmehr ist es die Unfähigkeit des Babys, danach von alleine wieder in den Schlaf zurückzufinden.

Tagsüber ist das Baby oft ausgeglichen und friedlich. In manchen Fällen, wenn die Schlafsprobleme in der Nacht sehr ausgeprägt sind, kann das Baby aber auch übermüdet, überreizt und unzufrieden sein.

2. Eltern-Kind-Interaktion

In Bezug auf das Thema Schlafen sind die Interaktionen zwischen Eltern und Kind dysfunktional, weil dadurch die Schlafstörungen aufrechterhalten werden. Bekommt das Baby nicht seine übliche Einschlafhilfe, fängt es schnell an zu schreien. Damit das Schreien aufhört, geben die Eltern dann lieber wieder die Einschlafhilfe. Denn die Anspannung und Sorge ist groß, dass das Baby sonst gar nicht mehr einschläft.

3. Überlastung der Eltern

Die Eltern leiden unter chronischem Schlafmangel und ausgeprägter Erschöpfung. Das führt dazu, dass sie überlastet sind und es Situationen gibt, in denen sie mit den Nerven einfach am Ende sind.

Ursachen der frühkindlichen Schlafstörungen

1. Anpassungsleistungen des Babys

Ganz normale Gründe für Schlafstörungen bei Babys sind neuartige, unbekannte Situationen, die auf das Baby einwirken. In diesen Momenten muss das Baby nämlich eine Anpasungsleistung erbringen, was sich schnell im Schlafverhalten widerspiegelt. Das kann z.B. bei Erkrankungen, nach einem Umzug oder auch beim Schlafen in einer fremden Umgebung der Fall sein.

Aber auch einschneidende Lebensereignisse wie z.B. Krankenhausaufenthalte oder der Beginn der Fremdbetreuung können dazu führen, dass das Kind schlechter schläft. Dass in all diesen Fällen Einschlafhilfen erforderlich sind, ist ganz normal – und sie sind eine wichtige Stütze für das Kind.

2. Körperliche Ursachen

Es kann aber auch sein, dass Schlafstörungen die Folge von körperlichen Ursachen beim Kind sind. Das können z.B. Nahrungsmittelunverträglichkeiten oder Allergien sein, gastroösophagealer Reflux, Atemprobleme, Schlafapnoe sowie andere hirnorganische Schädigungen.

3. Dauerhaftes Festhalten an den Einschlafhilfen

Weitaus häufiger ist es aber so, dass Schlafstörungen in direkter Fortsetzung des exzessiven Schreiens entstehen [1]. Das ist dann der Fall, wenn auch über die ersten drei Lebensmonate hinaus von den Eltern an den meist aufwändigen Einschlafhilfen festgehalten wird.

Diese Hilfen waren zwar in den ersten Monaten notwendig, um dem Schreien entgegenzuwirken. Allerdings fällt es Eltern oft schwer, sich von diesen Hilfen wieder zu lösen, auch wenn die Phase des exzessiven Schreiens vorüber ist [2].

Andererseits ist es aber aus Sicht der Betroffenen auch verständlich, wenn an den Einschlafhilfen festgehalten wird. Denn wenn Eltern die Hilfe einfach weglassen, kommt es ja wieder zu einem Schreien – was alle Beteiligten im Normalfall vermeiden wollen. Daher ist es auch nachvollziehbar, wenn Eltern dem Baby an dieser Stelle einfach das geben, was es braucht.

Wie entwickeln sich Kinder mit frühkindlichen Schlafstörungen langfristig?

Bei Kindern mit Schlafstörungen bleiben die Schlafprobleme häufig bis ins Vorschulalter bestehen. Infolgedessen kann es auch vorkommen, dass das Kind durch den beeinträchtigten Schlaf tagsüber häufig unzufrieden oder müde ist [2]. Außerdem ist es möglich, dass durch die Schlafstörung auch die Regulationsfähigkeiten des Kindes in anderen Bereichen geringer ausgeprägt sind.

Schlafstörungen- Behandlungsmöglichkeiten

1. Beratung der Eltern

Wie bei allen Regulationsstörungen steht die Beratung der Eltern im Vordergrund. Dazu gehört auch, dass die Eltern auf empathische Weise so ermutigt werden, dass sie auf ihre Kompetenzen als Eltern vertrauen.

Außerdem wird häufig über mehrere Tage hinweg ein Schlafprotokoll von den Eltern erstellt. Damit können sie das Verhalten ihres Babys dokumentieren und man kann erkennen, ob es ein bestimmtes Muster im Schlafverhalten des Babys gibt.

Faktoren, die für das Einschlafen förderlich sind

In der Beratung wird den Eltern erklärt, welche Faktoren einen geregelten Schlaf-Wach-Rhythmus begünstigen. Dazu gehört z.B., dass es in der Familie einen strukturierten Tagesablauf gibt. Weiterhin ist es wichtig, dass Eltern lernen, die Müdigkeitssignale ihres Babys rechtzeitig zu erkennen und auch entsprechend zu handeln. Zuletzt helfen Einschlafrituale dabei, dass das Baby leichter in den Schlaf findet.

2. „Schlaflernprogramme“

An dieser Stelle kommen auch häufig die sogenannten Schlaflernprogramme ins Spiel, die – um es vorsichtig zu formulieren – zumindest kritisch unter Eltern diskutiert werden. Gerade wenn es Programminhalt ist, dass das Baby absichtlich schreien gelassen wird – und sei es auch nur für wenige Minuten – gibt es viele Eltern, die lieber andere Wege gehen.

Für viele Eltern kommt ein solch schematisches Programm, was den Kindern aufgesetzt wird, nicht in Frage. Sie suchen nach individuellen Lösungen und fühlen sich wohler dabei, wenn sie die aktuellen Bedürfnisse des Babys wahrnehmen und sie erfüllen.

Fazit

Frühkindliche Schlafstörungen, vor allem wenn sie über mehrere Jahre anhalten, können den Eltern viel Energie rauben und sie sehr belasten. Es kann daher durchaus sinnvoll sein, beim Baby zu überprüfen, ob es körperliche Ursachen für die Schlafstörungen gibt.

Ansonsten gibt es auch einfach viele Situationen, in denen Schlafstörungen ganz normal sind und zur Entwicklung des Babys dazugehören (Krankheit, Wachstumsschübe, neue Erfahrungen die verarbeitet werden müssen). Dafür hilft es vielleicht zu wissen, dass es anderen Eltern genauso geht, und dass man mit diesem Problem nicht alleine ist.

Literatur & Links

[1] Schieche, M., Rupprecht, C., & Papoušek, M. (2004). Schlafstörungen: Aktuelle Ergebnisse und klinische Erfahrungen. In M. Papoušek & M.Schieche & H. Wurmser (Eds.), Regulationsstörungen der frühen Kindheit: Frühe Risiken und Hilfen im Entwicklungskontext der Eltern-Kind-Beziehungen(pp. 145-171). Bern: Huber.

[2] Wolke, D., Rizzo, P., & Woods, S. (2002). Persistent infant crying and hyperactivity problems
in middle childhood. Pediatrics, 109, 1054-1060.

[3] Papoušek, M. (2005) Regulationsstörungen der frühen Kindheit. Münchner Medizinische Wochenschrift, 2005, 1-9.

https://www.kindergesundheit-info.de/themen/schlafen/schlafprobleme/schlafprobleme-baby/

2 Kommentare

  1. Huhu,

    ich wusste gar nicht das frühkindliche Schlafstörung auch körperliche Ursachen haben könnte. Dachte das hätte damit nichts zu tun. Bei Wachstum sind ja oft Schlafstörungen vorhanden. Die Literatur schau ich mir mal genauer an.

    LG
    Steffi

    • Liebe Steffi,

      Das wusste ich vorher auch nicht, dass es körperliche Ursachen dafür geben kann – aber es scheint wohl auch nicht ganz so oft der Grund für Schlafstörungen zu sein.

      Viele Grüße
      Mady

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