Impostor-Syndrom – Wenn Selbstzweifel die Beziehung gefährden

Impostor-Syndrom

Die meisten von uns kennen das Gefühl von Unsicherheit und Selbstzweifeln. Doch was, wenn dieses Gefühl den Alltag und die Beziehung bestimmt?

Wenn fälschlicherweise davon ausgegangen wird, man sei minderwertiger als der Partner?

Ist vom Impostor-Syndrom die Rede, wird der Begriff meist im beruflichen Kontext verwendet. Allerdings kann sich dieses Phänomen auch in Partnerschaften zeigen und diese massiv beeinflussen. 

Was ist das Impostor-Syndrom?

Das Impostor-Syndrom, auch bekannt als Hochstapler-Syndrom, zeigt sich in Form von ausgeprägten Selbstzweifeln. Menschen, die darunter leiden, besitzen nur wenig Vertrauen in ihre eigenen Fähigkeiten und können ihre persönlichen Erfolge nicht anerkennen.  

Ein geringes Selbstvertrauen in Kombination mit einem ausgeprägten Perfektionismus führt dazu, dass Betroffene ständig mit dem Gefühl leben, nicht “gut genug zu sein”. 

Der englische Begriff “Impostor” bedeutet so viel wie Betrüger, Schwindler oder Hochstapler. Betroffene Menschen begleitet die ständige Angst, dass die empfundene Unfähigkeit vor ihren Mitmenschen “auffliegen” könnte. Und dass ihre vermeintliche Inkompetenz sie als Schwindler oder Hochstapler enttarnt.

Doch inkompetent sind Menschen, die unter diesem psychologischen Phänomen leiden, keinesfalls! Im Gegenteil: Gedanklich stapeln sie tief. Sie empfinden ihre Leistungen selbst oft als reines Glück. Nichts, worauf man stolz sein könnte. Objektiv betrachtet sind Betroffene oft sehr diszipliniert, zielstrebig, ambitioniert und talentiert. 

Ihr persönlicher Erfolg beruht also nicht auf einer Lüge, auch wenn die betroffenen Personen es anders empfinden. 

Wie entsteht das Impostor-Syndrom?

Es wird vermutet, dass die Ursprünge in der Kindheit der Betroffenen liegen.

Standen die Erziehungswerte “Leistung, Disziplin und Erfolg” im Vordergrund? Dann ist es naheliegend, dass Glaubenssätze wie “Gib immer dein Bestes” vom Kind verinnerlicht wurden. 

In aller Regel stecken gute Absichten der Eltern dahinter. Gleichzeitig kann es allerdings dazu führen, dass Kinder extrem unter diesem Leistungsdruck leiden. Es besteht die Gefahr, dass sie eine unrealistische Erwartungs- und Anspruchshaltung an sich selbst entwickeln.

Im Erwachsenenalter werden die eigenen Erwartungen zudem von gesellschaftlichen Maßstäben untermauert, die Menschen nach ihrem “Erfolg” bemessen (z.B. Noten, Abschluss, Statussymbole, Kontostand, BMI).

Häufig ist dieses Phänomen bei sehr leistungsorientierten Menschen zu erkennen.

Impostor-Syndrom in der Partnerschaft

Du hast die Vermutung, dass dieses Phänomen auf dich zutrifft? Doch wie lässt sich das Hochstapler-Symptom in Beziehungen erkennen?

1. Du leidest unter Minderwertigkeitskomplexen

Du bist der festen Überzeugung, dass dein Partner “jemand Besseres” verdient hätte? 

Du vergleichst dich regelmäßig mit deinem Partner? Dabei kommst du häufig zu dem Ergebnis, dass dein Partner über weitaus mehr Stärken und Fähigkeiten verfügt?

Deine eigenen Kompetenzen erkennst du nicht oder wertest sie ab? 

Anderen Menschen gegenüber bist du sehr fehlerfreundlich. Du kannst deinem Partner gut verzeihen. Nachsicht mit dir zu haben, ist hingegen unvorstellbar.

Zudem erkennst du, was du erhältst. Allerdings nicht, was du gibst. Dadurch entsteht bei dir der Eindruck, du bist weniger wert als dein Gegenüber.

2. Du benötigst extrem viel Aufmerksamkeit und Bestätigung deines Partners

Am liebsten würdest du den lieben langen Tag von deinem Partner zu hören bekommen, wie toll du bist. Es reicht dir nicht aus, dass er gerne Zeit mit dir verbringt oder dir gelegentlich “Ich liebe dich” ins Ohr flüstert. Du hast das Bedürfnis, mit Komplimenten überschüttet zu werden. Ist das nicht der Fall, neigst du dazu, die ganze Beziehung in Frage zu stellen.

3. Du hast große Verlustangst 

Es ist für dich schwer vorstellbar, dass dich jemand deinetwegen liebt. Du bist der festen Annahme, dass du es dir erarbeiten musst, geliebt zu werden. Unterläuft dir ein vermeintlicher Fehler, kommt die Angst auf, von deinem Partner verlassen zu werden.

Du bist sehr bemüht, deinem Partner stets alles recht zu machen. Deine Handlungen beruhen oft auf der Vorstellung, wie es sich dein Partner wünschen könnte. Folglich hast du das Gefühl, eine Rolle einzunehmen.

Du hast Angst davor, deine Wünsche und Bedürfnisse zu äußern und authentisch zu agieren. Es fällt dir schwer, eine tiefe Verbindung mit deinem Partner aufzubauen.

Du erkennst dich in diesen Punkten wieder? Je mehr Aussagen auf dich zutreffen, desto höher ist die Wahrscheinlichkeit, dass du am Impostor-Syndrom leidest. 

Viele Betroffene ziehen sich zurück, wodurch die Selbstzweifel noch stärker werden. Ein Teufelskreis entsteht. Doch wie lässt er sich durchbrechen?

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Tipps für mehr Selbstvertrauen

Es ist nicht leicht, die tiefe innere Überzeugung, nicht intelligent, kompetent oder fähig genug zu sein, abzulegen. Der erste Schritt liegt darin, zu erkennen, dass dieses Glaubensmuster bei dir existiert. Auf die Selbsterkenntnis können diese Punkte folgen:

  • Scheue dich nicht davor, ein Mentoring, Coaching oder psychotherapeutische Unterstützung in Anspruch zu nehmen. 
  • Setze dich mit deiner verschobenen Selbstwahrnehmung auseinander. 
  • Schaue dir deine Glaubenssätze genauer an und hinterfrage diese („Will ich das wirklich glauben?“).
  • Arbeite an deinem Selbstbewusstsein (Selbstliebe, Affirmationen, etc.). 
  • Werde dir bewusst, dass Gefühle und Gedanken keine Tatsachen sind.
  • Reduziere deinen Perfektionismus. Fehler zu machen ist menschlich. Fehler zu machen, ist in Ordnung und gehört zum Leben dazu. 
  • Schreibe deine Fähigkeiten auf und nimm Komplimente an.
  • Nimm dich und dein Leiden ernst. Das Syndrom kann auch in Burn-out und/oder Depressionen enden. 
  • Versuche dich nicht zu vergleichen. Vergleiche führen zwangsläufig zu Verunsicherung. 
  • Kommuniziere offen mit deinem Partner über deine Bedürfnisse und Ängste. Das schafft Verständnis, Vertrautheit und Verbundenheit.

Fazit

Personen mit einem Impostor-Syndrom sind keine Mogelpackungen. Jeder Mensch verfügt über individuelle Kompetenzen und Qualitäten, die uns wertvoll und liebenswert machen.

Es liegt an uns, das zu erkennen. Oft suchen wir Liebe, Wertschätzung und Anerkennung zuerst im Außen. Viel wichtiger jedoch ist, dass wir uns mit unseren Selbstzweifeln, Glaubenssätzen und Ängsten auseinandersetzen. Sich lieben und annehmen zu lernen, ist ein Prozess. 

Es erfordert Arbeit. Doch am Ende kann diese Erfahrung sehr heilsam sein.  

Links 

[1] https://www.spektrum.de/news/impostor-syndrom-die-selbstzweifel-ueberwinden/1958821 (letzter Zugriff am 17.11.2022)

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