
Die Pubertät ist eine aufregende, aber auch herausfordernde Lebensphase – sowohl für Jugendliche als auch für ihre Eltern. Während Heranwachsende körperlich, emotional und sozial neue Wege gehen, fühlen sich viele Eltern oft überfordert, wenn plötzlich Stimmungsschwankungen, Rückzug oder Konflikte den Alltag prägen. Doch die Pubertät ist auch eine Phase des Wachstums und der Selbstfindung, die – mit der richtigen Unterstützung – eine wertvolle Grundlage für die Entwicklung eines selbstständigen Erwachsenen bieten kann. In diesem Beitrag erfährst Du, wie sich die Pubertät bemerkbar macht, warum sie so herausfordernd ist und wie Du als Elternteil bestmöglich unterstützen kannst.
Was ist die Pubertät und wann beginnt sie?
Die Pubertät ist der Übergang von der Kindheit ins Erwachsenenalter. Sie markiert den Beginn der sexuellen Reifung und ist gleichzeitig eine Phase großer emotionaler und sozialer Veränderungen. Dieser Prozess wird durch hormonelle Umstellungen im Körper angestoßen, die das Gehirn und viele andere Organe beeinflussen.
Die Pubertät beginnt bei Mädchen in der Regel zwischen dem 9. und 13. Lebensjahr, bei Jungen etwas später, nämlich zwischen dem 10. und 14. Lebensjahr. Wann genau die Pubertät einsetzt, hängt von verschiedenen Faktoren ab, wie der genetischen Veranlagung, der Ernährung und der allgemeinen Gesundheit. In den letzten Jahrzehnten hat sich der Beginn der Pubertät etwas nach vorne verschoben – unter anderem durch bessere Lebensbedingungen und Ernährung.
Die Dauer der Pubertät ist individuell unterschiedlich und kann drei bis sechs Jahre betragen. Während dieser Zeit wachsen Kinder körperlich oft in die Höhe, entwickeln sich emotional weiter und finden ihren Platz in der sozialen Welt.
Wie macht sich die Pubertät bemerkbar?
Die Pubertät ist eine Zeit großer Veränderungen. Diese machen sich auf verschiedenen Ebenen bemerkbar: körperlich, emotional und sozial. Eltern stehen oft vor der Herausforderung, diese Veränderungen zu verstehen und richtig darauf zu reagieren.
1. Körperliche Veränderungen
Körperliche Veränderungen sind oft die ersten Anzeichen der Pubertät. Zu den wichtigsten gehören:
- Wachstumsschübe: Jugendliche erleben plötzliches, schnelles Wachstum. Arme, Beine und Hände wirken manchmal vorübergehend „zu groß“ für den Körper, was zu Koordinationsproblemen führen kann.
- Entwicklung der Geschlechtsmerkmale: Bei Mädchen beginnen die Brüste zu wachsen und die Menstruation setzt ein. Bei Jungen entwickeln sich die Hoden und der Penis, und sie bekommen ihren ersten Samenerguss.
- Körperbehaarung: Haare wachsen unter den Achseln, im Schambereich und bei Jungen auch im Gesicht.
- Stimmenveränderung: Jungen erleben den Stimmbruch, während sich bei Mädchen die Stimme ebenfalls leicht verändert.
- Hautprobleme: Hormonelle Veränderungen führen häufig zu Akne und fettiger Haut, was für viele Jugendliche belastend ist.
2. Emotionale Veränderungen
Hormonschwankungen während der Pubertät beeinflussen auch die Gefühlswelt stark. Typische emotionale Veränderungen sind:
- Stimmungsschwankungen: Jugendliche können innerhalb kurzer Zeit zwischen Euphorie, Wut und Traurigkeit wechseln.
- Selbstzweifel und Unsicherheiten: Das zunehmende Bewusstsein für den eigenen Körper kann dazu führen, dass Jugendliche sich kritisch betrachten und vergleichen.
- Abgrenzung: Viele Jugendliche fühlen sich hin- und hergerissen zwischen dem Wunsch nach Nähe und dem Bedürfnis, sich von den Eltern abzugrenzen.
3. Soziale Veränderungen
In der Pubertät verändern sich auch soziale Beziehungen grundlegend:
- Freundeskreis im Fokus: Die Peergroup wird immer wichtiger. Jugendliche orientieren sich zunehmend an ihren Freund:innen, während die Eltern an Einfluss verlieren.
- Experimentieren mit Identitäten: Jugendliche probieren verschiedene Rollen aus, um ihre Persönlichkeit zu entwickeln.
- Konflikte mit Autoritäten: Regeln und Grenzen der Eltern werden hinterfragt, was zu häufigen Auseinandersetzungen führen kann.
Warum ist die Pubertät so herausfordernd?
Die Pubertät ist nicht nur eine Zeit körperlicher Veränderungen, sondern auch eine Phase intensiver Gehirnentwicklung. Insbesondere das limbische System, das für Emotionen zuständig ist, reift schneller als der präfrontale Kortex, der für Impulskontrolle und logisches Denken verantwortlich ist. Das bedeutet, dass Jugendliche oft impulsiv handeln, bevor sie rational nachdenken können.
Fallbeispiel: „Warum schreist du mich immer an?“
Lena (14) hat ihre Hausaufgaben vergessen. Als ihre Mutter sie darauf anspricht, reagiert sie mit einem lauten „Lass mich in Ruhe!“ und zieht sich in ihr Zimmer zurück. Die Mutter fühlt sich verletzt und überfordert, weil sie nur helfen wollte. Was die Mutter nicht weiß: Lena war bereits gestresst, weil sie in der Schule kritisiert wurde. Die zusätzliche Erinnerung an die Hausaufgaben hat bei Lena das Gefühl ausgelöst, nicht gut genug zu sein.
Wie können Eltern während der Pubertät unterstützen?
Die wichtigste Rolle, die Eltern in dieser Phase spielen können, ist die eines unterstützenden Begleiters. Mit Geduld und Verständnis lassen sich viele Konflikte entschärfen. Hier sind einige Tipps:
1. Verständnis und Geduld zeigen
Die Pubertät ist eine anstrengende Zeit – für Jugendliche und Eltern gleichermaßen. Es ist wichtig, dass Du die Veränderungen als natürlichen Prozess verstehst und nicht jede Laune persönlich nimmst. Gib Deinem Kind die Zeit und den Raum, die es braucht.
2. Kommunikation auf Augenhöhe
Reden ist das A und O. Jugendliche wollen gehört werden, ohne sich bevormundet zu fühlen. Frage Dein Kind aktiv nach seinen Gedanken und Gefühlen und höre zu, ohne zu bewerten. Ein Satz wie „Erzähl mir, was dich beschäftigt“ kann Wunder wirken.
3. Grenzen setzen, aber flexibel bleiben
Auch wenn Jugendliche sich mehr Freiheiten wünschen, brauchen sie weiterhin Orientierung. Setze klare, aber faire Regeln – zum Beispiel zur Nutzung digitaler Medien oder zu Ausgehzeiten. Wichtig ist, dass die Regeln gemeinsam besprochen und nachvollziehbar sind.
4. Akzeptiere die Abgrenzung
Wenn sich Dein Kind zurückzieht oder Deine Meinung in Frage stellt, ist das kein Grund zur Panik. Dieser Prozess gehört zur Selbstfindung und ist ein wichtiger Schritt in Richtung Eigenständigkeit.
5. Fördere das Selbstbewusstsein
Lob und positive Verstärkung sind essenziell. Betone die Stärken Deines Kindes und zeige ihm, dass Fehler in Ordnung sind. Das hilft Jugendlichen, ein gesundes Selbstbild zu entwickeln.
Wenn die Pubertät schwierig wird: Wann professionelle Hilfe sinnvoll ist
Manchmal kann die Pubertät so herausfordernd sein, dass Eltern Unterstützung von außen in Betracht ziehen sollten. Folgende Anzeichen können darauf hinweisen, dass professionelle Hilfe sinnvoll ist:
- Anhaltende depressive Verstimmungen: Wenn sich Dein Kind über einen längeren Zeitraum zurückzieht oder ständig niedergeschlagen wirkt.
- Selbstverletzendes Verhalten: Manche Jugendliche fügen sich in der Pubertät aus emotionaler Überforderung selbst Verletzungen zu.
- Eskalierende Konflikte: Wenn Streitigkeiten regelmäßig außer Kontrolle geraten und den Familienalltag stark belasten.
- Schulprobleme: Plötzlicher Leistungsabfall oder Schulverweigerung können ebenfalls ein Hinweis auf tieferliegende Probleme sein.
In solchen Fällen können Familientherapie oder Beratung durch Fachkräfte wie Psycholog:innen oder Schulsozialarbeiter:innen hilfreich sein.
Fazit: Pubertät als Chance für Wachstum
Die Pubertät ist keine einfache Zeit, aber sie bietet auch eine große Chance für persönliches Wachstum – für Jugendliche und Eltern gleichermaßen. Während Jugendliche ihren Platz in der Welt finden, lernen Eltern, loszulassen und ihre Kinder in ihrer Eigenständigkeit zu unterstützen. Mit Geduld, Verständnis und klarer Kommunikation lassen sich die Herausforderungen dieser Phase meistern. Und auch wenn es manchmal schwerfällt: Die Pubertät ist eine einmalige Gelegenheit, die Beziehung zu Deinem Kind zu stärken und es auf seinem Weg ins Erwachsenenleben zu begleiten.
Links & Literatur
- Kindergesundheit-Info: Pubertät verstehen
https://www.kindergesundheit-info.de/themen/entwicklung/pubertaet/ - Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA): Umgang mit Pubertät
https://www.kindergesundheit-info.de/pubertaet/umgang-mit-jugendlichen/ - Hüther, G. (2016). Pubertät: Wenn Erziehen nicht mehr geht. Beltz.
- Deutscher Bildungsserver: Jugendliche und ihre Entwicklung
https://www.bildungsserver.de/Jugendliche-Entwicklung-Pubertaet-5547.html