Warum lügen Kinder und Jugendliche? Ursachen, Konsequenzen und wie Eltern damit umgehen können

Warum lügen Kinder und Jugendliche

Lügen gehören zu den häufigsten Herausforderungen, mit denen Eltern bei der Erziehung konfrontiert werden. Ob es darum geht, die Hausaufgaben zu verschweigen, ein Missgeschick zu verheimlichen oder eine Fantasiegeschichte zu erfinden – Kinder und Jugendliche lügen aus den unterschiedlichsten Gründen. Während kleine Notlügen oft harmlos erscheinen, kann wiederholtes Lügen die Vertrauensbasis zwischen Eltern und Kind belasten. In diesem Beitrag erfährst Du, warum Kinder lügen, welche Ursachen dahinterstecken und wie Du als Elternteil angemessen reagieren kannst.


Was bedeutet Lügen, und warum tun es Kinder und Jugendliche?

Lügen ist eine bewusste Verfälschung oder Verschleierung der Wahrheit. Schon im Alter von etwa drei Jahren beginnen Kinder zu lügen – oft zunächst spielerisch oder aus einer Mischung aus Fantasie und Realität. Mit zunehmendem Alter werden die Lügen komplexer und zielgerichteter.

Warum lügen Kinder und Jugendliche?

Die Gründe für das Lügen sind vielfältig und hängen vom Alter, der Persönlichkeit und der jeweiligen Situation ab. Hier einige häufige Motive:

  • Furcht vor Konsequenzen: Viele Kinder lügen, um einer Bestrafung zu entgehen oder unangenehme Reaktionen der Eltern zu vermeiden.
  • Wunsch nach Aufmerksamkeit: Manche Kinder erfinden Geschichten, um die Aufmerksamkeit von Erwachsenen oder Gleichaltrigen auf sich zu ziehen.
  • Selbstschutz: Jugendliche, die sich unsicher fühlen, nutzen Lügen oft als Schutzmechanismus, um Fehler oder Schwächen zu verbergen.
  • Soziale Anpassung: Um in einer Gruppe dazuzugehören, greifen Jugendliche manchmal auf Lügen zurück, um sich interessanter oder beliebter zu machen.
  • Experimentieren mit der Realität: Insbesondere jüngere Kinder können oft noch nicht zwischen Fantasie und Wahrheit unterscheiden.

Ab wann wird Lügen problematisch?

Nicht jede Unwahrheit ist ein Grund zur Sorge. Tatsächlich ist die Fähigkeit zu lügen ein Zeichen kognitiver Entwicklung: Kinder lernen, sich in andere hineinzuversetzen und die Perspektive ihres Gegenübers zu berücksichtigen. Problematisch wird es, wenn das Lügen:

  • häufig und systematisch auftritt,
  • wichtige Themen wie Schulnoten oder Sicherheit betrifft,
  • andere schädigt oder
  • die Vertrauensbasis zwischen Eltern und Kind stark belastet.

Fallbeispiel: „Ich habe die Hausaufgaben gemacht!“

Lukas (12) behauptet seiner Mutter gegenüber, er habe seine Hausaufgaben erledigt. Als sie später sein Schulheft überprüft, stellt sie fest, dass das nicht stimmt. Auf Nachfrage gibt Lukas an, dass er keine Lust hatte und stattdessen lieber gespielt hat. Seine Mutter ist enttäuscht und fühlt sich betrogen.

Dieses Beispiel zeigt, dass Lukas möglicherweise Angst vor der Reaktion seiner Mutter hatte oder sich vor einer unangenehmen Aufgabe drücken wollte. Solche Situationen sind häufig und bieten Eltern die Möglichkeit, mit ihrem Kind über Ehrlichkeit zu sprechen.


Warum lügen Jugendliche häufiger als jüngere Kinder?

Mit dem Eintritt in die Pubertät wird das Lügen bei vielen Jugendlichen häufiger. Die Gründe hierfür liegen in den Entwicklungsaufgaben, die Jugendliche in dieser Phase bewältigen müssen:

  • Abgrenzung von den Eltern: Jugendliche lügen oft, um ihre Unabhängigkeit zu behaupten oder sich vor elterlicher Kontrolle zu schützen.
  • Suche nach Identität: Um sich auszuprobieren, erfinden Jugendliche manchmal Geschichten über sich selbst.
  • Gruppenzwang: In der Peergroup kann das Bedürfnis, dazuzugehören, zu Übertreibungen oder Unwahrheiten führen.

Wie sollten Eltern auf Lügen reagieren?

Der Umgang mit Lügen erfordert Fingerspitzengefühl. Eine übermäßige Bestrafung kann dazu führen, dass Kinder noch mehr lügen, während Gleichgültigkeit die falschen Signale sendet. Hier sind einige Ansätze, wie Du als Elternteil mit Lügen umgehen kannst:

1. Ruhe bewahren

Wenn Du entdeckst, dass Dein Kind gelogen hat, reagiere ruhig und überlegt. Wut oder Vorwürfe verschärfen die Situation und erschweren es Deinem Kind, ehrlich zu sein.

2. Nach den Ursachen fragen

Versuche herauszufinden, warum Dein Kind gelogen hat. War es Angst vor einer Strafe, Gruppenzwang oder ein Wunsch nach Aufmerksamkeit? Verständnis hilft Dir, die Situation besser zu beurteilen.

3. Ehrlichkeit fördern

Zeige Deinem Kind, dass Ehrlichkeit wertgeschätzt wird. Lobe es, wenn es die Wahrheit sagt – auch wenn die Wahrheit unangenehm ist. Ein Satz wie „Danke, dass Du mir die Wahrheit gesagt hast“ stärkt das Vertrauen.

4. Klare Werte vermitteln

Spreche mit Deinem Kind über die Bedeutung von Ehrlichkeit und Vertrauen. Erkläre, warum Lügen langfristig zu Problemen führen kann, und betone, dass jeder Fehler machen darf, solange man ehrlich damit umgeht.

5. Angemessen reagieren

Falls das Lügen Konsequenzen hat (z. B. bei schlechten Schulnoten), solltest Du diese ruhig und fair kommunizieren. Strafen sollten nicht überzogen sein, aber zeigen, dass Lügen nicht akzeptiert wird.


Wie können Eltern präventiv gegen häufiges Lügen vorgehen?

Es gibt verschiedene Möglichkeiten, Lügen im Familienalltag vorzubeugen. Hier einige Ansätze:

1. Vertrauensvolle Beziehung aufbauen

Kinder, die sich sicher und geborgen fühlen, haben weniger Grund zu lügen. Achte darauf, Deinem Kind das Gefühl zu geben, dass es immer mit seinen Sorgen zu Dir kommen kann.

2. Fehler zulassen

Zeige Deinem Kind, dass Fehler menschlich sind und nicht bestraft werden müssen. Wenn es weiß, dass es keine übermäßigen Konsequenzen zu befürchten hat, wird es eher bereit sein, die Wahrheit zu sagen.

3. Vorbildfunktion übernehmen

Kinder lernen durch Nachahmung. Wenn Eltern selbst ehrlich sind und Verantwortung übernehmen, werden Kinder dies eher übernehmen.

4. Konsequenzen für Lügen besprechen

Erkläre Deinem Kind, welche Auswirkungen Lügen haben können – auf andere, aber auch auf die Beziehung zwischen Euch. So lernt es, Verantwortung für sein Handeln zu übernehmen.


Wann ist professionelle Hilfe notwendig?

In einigen Fällen kann wiederholtes Lügen auf tieferliegende Probleme hinweisen, etwa:

  • Angststörungen: Kinder, die ständig Angst vor Bestrafung haben, entwickeln häufig ein Muster aus Lügen.
  • Selbstwertprobleme: Jugendliche, die sich minderwertig fühlen, erfinden oft Geschichten, um sich besser darzustellen.
  • Familiäre Konflikte: Eine angespannte Familiensituation kann Kinder dazu bringen, die Wahrheit zu verschleiern.

Wenn das Lügen extrem häufig auftritt oder die Beziehung nachhaltig belastet, kann die Unterstützung durch Familientherapeut:innen oder Psycholog:innen hilfreich sein.


Fazit: Lügen als Herausforderung und Chance

Lügen gehört zur Entwicklung von Kindern und Jugendlichen dazu. Es ist oft ein Signal für Angst, Unsicherheit oder den Wunsch nach Selbstbestimmung. Als Eltern kannst Du Lügen als Gelegenheit nutzen, die Werte von Ehrlichkeit und Vertrauen zu vermitteln und die Beziehung zu Deinem Kind zu stärken. Mit Geduld, Verständnis und klarer Kommunikation lassen sich viele Konflikte entschärfen – und langfristig ein respektvolles und vertrauensvolles Miteinander aufbauen.


Links & Literatur

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