Weil Eltern auch mal nörgeln dürfen

Wie das Ablegen von Perfektionismus den Familienalltag erleichtert

Weil Eltern auch mal nörgeln dürfen

Du liegst im Bett und lässt den Tag Revue passieren. Dich umtreibt die Frage: “Warum habe ich heute… 

  • gemeckert?”
  • meinem Kind nicht zugehört?”
  • den Haushalt vorgezogen, anstatt mich mit meinem Kind zu beschäftigen?”
  • meine Stimme erhoben?”
  • meinem Partner keine Aufmerksamkeit geschenkt?”

Dich plagt ein schlechtes Gewissen. Selbstzweifel kommen auf. Kann ich allem gerecht werden? Bin ich eine “gute” Mama? Bin ich ein “guter” Papa?

Kommt dir diese Situation bekannt vor? 

Der innere Kritiker

Lass’ dir an dieser Stelle gesagt sein: Du bist nicht alleine. Diese Gedanken sind menschlich, völlig “elterlich”. Der innere Kritiker ist streng, manchmal erbarmungslos. 

Die gute Nachricht: Nahezu alle Eltern treffen regelmäßig auf diesen Kritiker, der in uns wohnt. 

Zudem zeigen die oben beschriebenen Gedanken und Gefühle, dass dir das Wohlbefinden deiner Liebsten nicht egal ist. Du scheinst über einen reflektierten Zugang zu dir selbst zu verfügen.

Die beste Grundvoraussetzung, um deinen inneren Kritiker zum Freund werden zu lassen. Bist du bereit?

Der Ursprung von Anspruchs- und Erwartungshaltungen

Die perfekte “Vorbildmama” ist stets gut gelaunt und behält in jeder Situation die Nerven. Sie stellt ihre Bedürfnisse in den Hintergrund und ist immer auf der Suche nach guten Fördermöglichkeiten für ihr Kind. Super gestylt und mit einem Lächeln im Gesicht bereitet sie das Mittagessen frisch zu. Nebenbei wäscht sie die Kleidung und bildet sich weiter.

Der perfekte “Vorbildpapa” klettert die Karriereleiter nach oben. Vereinbarkeit von Beruf und Familie wird vorausgesetzt. Wenn er nach der Arbeit nach Hause kommt, unterstützt er seine Frau, badet die Kinder und macht sie bettfertig. 

Klingt nach veralteten und überspitzten Klischees? 

Jein! 

Dank vieler gesellschaftlicher Debatten wurden die Geschlechterrollen in den vergangenen Jahren etwas aufgeweicht. DIE “klassische” Familie gibt es nicht mehr. Heutzutage existieren ganz viele gut funktionierende Familienmodelle. 

Du willst dich von dem Super-Eltern-Mythos befreien? Dann ist es wichtig, zu verstehen, woher unsere perfektionistische Erwartungs- und Anspruchshaltung kommt.

Social Media, Magazine und Werbung sind voll von familiärer Glorifizierung. Gerade das Muttersein wird darin extrem romantisiert. Die Medien suggerieren überwiegend die Vorstellung von den oben beschriebenen “Vorzeigeeltern”. Dadurch entsteht ein unrealistisches Bild, das viele Eltern stark beeinflusst und prägt. Automatisch wird verglichen. Nur verständlich, dass die gesellschaftlich kreierten Standards Druck auslösen.

Der ungesunde Perfektionismus orientiert sich an genau diesen vermeintlichen “Standards”. Wenn diese Erwartungen nicht individuell hinterfragt werden, übernehmen wir diese. Oft geschieht das ganz unterbewusst. 

Warum Perfektionismus Kindern schaden kann

Es gibt nicht die perfekte Mutter/den perfekten Vater und das ist gut so! 

Wir alle sind nicht fehlerfrei und das darfst du deinem Kind auch schon früh mit auf den Weg geben. Kinder sind hervorragende Imitatoren. Und Eltern die einflussreichsten Vorbilder. 

Wahrscheinlich hast du dein Kind schon einmal mit den Worten getröstet: “Das macht doch nichts (…)”, als ihm etwas misslang. Viel wichtiger und vor allem authentischer für das Kind ist jedoch, wenn du genau so fehlerfreundlich zu dir selbst bist. 

Wenn wir das Gefühl haben, unseren eigenen Ansprüchen nicht gerecht werden zu können, entsteht ein ungesunder Perfektionismus. Häufig schwingt das Gefühl des Versagens mit. Dieser Konflikt kann krank machen und zu Depressionen, Zwängen oder Ängsten führen. 

Vielleicht denkst du, dein Kind bekommt davon nichts mit. Jedoch besitzen Kinder unfassbar sensible Antennen und spüren deine Zweifel. Sie merken, wenn du überfordert und unzufrieden bist. Dein Kind läuft dadurch Gefahr zu lernen, es müsse alles richtig machen, um “gut genug” zu sein. Es müsse alle Erwartungen erfüllen und immer 110% geben. 

Und jetzt? Tatsächlich gibt es hierfür eine “win-win” Lösung. 

Versuche dich von gewissen Erwartungshaltungen zu lösen. Achte auf dich und deine Ressourcen. Versuche kindgerecht über deine Befindlichkeit zu sprechen und ziehe Grenzen. Das kann für dich sehr entlastend sein.

Gleichzeitig lernt das Kind, dass Superhelden und Alleskönner nur fiktiv sind. Vorbildlich zeigst du deinem Kind, über Gefühle zu sprechen. Von dir lernt das Kind auch, dass man nicht allen Anforderungen gerecht werden muss. Die ersten Vorkehrungen, damit das Kind später nicht selbst zu ungesundem Perfektionismus neigt. 

Perfektionismus ablegen

  • Vergiss’ nicht: Hinter jeder vermeintlich “perfekten” Familie stehen Eltern mit den gleichen Herausforderungen.
  • Frage dich einmal: Was sind DEINE Erwartungen und was glaubst du, was von dir erwartet wird?
  • Gestehe dir ein, dass du nicht “perfekt” bist und auch nicht “perfekt” sein musst.
  • Versuche dich nicht zu vergleichen.
  • Spreche über deine Schwächen – das ist eine große Stärke und entlastet!
  • Vermeide den Fokus auf negative Gedanken, sie rauben dir kostbare Energie.
  • Lege den Fokus auf das, was dir gut gelingt.
  • Schaffe, gemeinsam mit deinem Kind, Rituale (z.B. nach dem Abendessen noch ein Spiel spielen). 
  • Versuche selbstbewusst dazu zu stehen, dass nicht immer alles “perfekt” läuft. Durch diese Offenheit ermutigst du auch andere Eltern, dich hinter die Fassade blicken zu lassen. Ein verständnisvoller Austausch kann so gut sein.
  • Setze dir deine eigenen Prioritäten.
  • Setze dich nicht unter Druck. Veränderung braucht Zeit. 

Fazit

Du willst stets das Beste für dein Kind. Schließlich liebst du es über alles. Liebe ist aber nicht das einzige Gefühl, das wir Menschen empfinden. Wenn ambivalente Gefühle hinzukommen, ist das absolut normal. Es ist völlig in Ordnung, wenn du mal genervt bist, nörgelst und du deine Ansprüche an dich selbst gerade nicht erfüllen kannst. Das macht dich noch lange nicht zu einer schlechten Mama oder einem schlechten Papa. 

Erlaube es dir, auf dich zu achten. Dadurch gewinnst du neue, wertvolle Energie. 

Wenn es dir gelingt, deinen inneren Kritiker sanft und hinterfragen zu begegnen, dann kann das der Beginn einer wunderbaren Freundschaft zwischen euch werden.

Was denkt ihr über dieses Thema? Schreibt es uns gerne in die Kommentare!

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