Stottern – Ursachen & Behandlungsmöglichkeiten

Stottern

Stottern ist eine Sprechstörung, die Menschen aller Altersgruppen betreffen kann. Es handelt sich um eine komplexe Störung der sprachlichen Kommunikation, bei der der natürliche Fluss des Sprechens gestört ist.

Physische und auch emotionale Auswirkungen auf die Betroffenen sind häufig die Folge, deshalb ist oft eine individuelle Herangehensweise bei der Behandlung und Bewältigung erforderlich.

In diesem Artikel werfen wir einen genaueren Blick auf die Ursachen, Auswirkungen und Behandlungsmöglickeiten für Menschen, die von Stottern betroffen sind.

Ursachen

Die genauen Ursachen von Stottern sind bis heute nicht vollständig bekannt, aber man nimmt an, dass eine Kombination aus genetischen, neurologischen und Umweltfaktoren eine Rolle spielt. Forschungsergebnisse deuten auf mehrere Faktoren hin, die zum Stottern führen können:

  1. Genetik: Es gibt Hinweise darauf, dass genetische Faktoren eine Rolle spielen. Studien haben gezeigt, dass Stottern in einigen Familien gehäuft auftritt. Es wird vermutet, dass einzelne genetische Varianten das Risiko für Stottern erhöhen könnten. Dennoch ist es unwahrscheinlich, dass ein einzelnes Gen allein für das Auftreten von Stottern verantwortlich ist.
  2. Neurologische Faktoren: Untersuchungen des Gehirns von Menschen, die stottern, haben Abweichungen in bestimmten Hirnregionen gezeigt, die für die Sprachproduktion und -verarbeitung wichtig sind. Vermutlich beeinflussen diese Unterschiede die Kommunikation zwischen verschiedenen Gehirnbereichen, was wiederum zum Stottern führt.
  3. Sprachverarbeitung: Bei stotternden Menschen ist die komplexe Abstimmung zwischen den motorischen, sensorischen und kognitiven Aspekten der Sprachproduktion im Ungleichgewicht. Das kann dazu führen, dass der normale Fluss des Sprechens gestört wird.
  4. Psychologische Faktoren: Gefühle wie Stress, Angst oder Aufregung können das Stottern verschlimmern. Betroffene haben mitunter Angst vor solchen Situationen, in denen erwarten zu stottern. Das kann wiederum zu einem Teufelskreis führen: Mehr Angst, mehr Stress führt zu mehr Stottern; häufiges Stottern führt wiederum dazu, dass der Betroffen zukünftig noch mehr Angst hat vor dem Stottern.
  5. Umgebungs- und soziale Faktoren: Die Umwelt, in der jemand aufwächst, kann ebenfalls Einfluss auf das Stottern haben. Druck in der Familie oder soziale Erwartungen können das Stottern verschlimmern oder Betroffene dazu bringen, versuchen, ihr Stottern zu verbergen, was wiederum den Sprechfluss stören kann.

Wie und in welchem Alter entwickelt sich Stottern?

Stottern kann sich grundsätzlich in allen Altersgruppen entwickeln, allerdings beginnen die Symptome meistens im Kindesalter. Es gibt auch Fälle von sogenanntem “physiologischem Stottern”, das als vorübergehendes und normales Phänomen bei vielen Kindern im jungen Alter betrachtet wird. Hier sind einige wichtige Punkte dazu, wie sich Stottern entwickelt:

  • Kindesalter: Oft beginnen die ersten Symptome im Kindesalter, in der Regel zwischen dem 2. und 5. Lebensjahr. Hier muss man jedoch genau beobachten, ob das Stottern vorübergehend und damit normaler Teil der Sprachentwicklung ist oder ob es sich im Verlauf der Zeit festigt.
  • Erwachsenenalter: Manchmal tritt das Stottern erstmals im Erwachsenenalter auf. Die Ursachen dafür können Stress, psychischer Druck oder andere belastende Faktoren sein.
  • Physiologisches Stottern: Das “physiologische Stottern” beschreibt vorübergehende Unflüssigkeiten im Sprechen, die bei vielen Kindern während der Sprachentwicklung auftreten können. Diese Form des Stotterns wird oft als normaler Teil des Lernprozesses angesehen, während Kinder ihre sprachlichen Fähigkeiten entwickeln. Es kann zu Wiederholungen von Lauten, Silben oder Worten, Pausen oder Hesitationen (= Verzögerungen) während des Sprechens kommen. Bei den meisten Kindern verschwinden diese Symptome von selbst, wenn sich ihre sprachlichen Fähigkeiten weiterentwickeln.
  • Persistierendes Stottern: Bei einigen Kindern bleiben die Symptome jedoch bestehen und werden nicht von allein besser. Wenn die Symptomatik länger als sechs Monate andauert oder sich verschlimmert, könnte es ein Anzeichen für eine anhaltende Sprechstörung sein, die professionelle Unterstützung im Rahmen einer Sprachtherapie erfordert.

Folgen von Stottern

Stottern kann eine Vielzahl von Folgen und Auswirkungen auf das Leben von Betroffenen haben, sowohl auf emotionaler als auch auf sozialer und beruflicher Ebene. Hier sind einige der häufigsten Auswirkungen:

Emotionale Folgen:

  • Angst und Furcht: Menschen, die stottern, können Ängste und Furcht entwickeln, insbesondere in sozialen Situationen. Die Angst vor Ablehnung oder Spott kann dann zu einem geringen Selbstwertgefühl führen.
  • Schamgefühl: Stottern kann zu einem starken Schamgefühl führen, da Betroffene oft das Gefühl haben, nicht normal zu sprechen. Dies kann zu einem Rückzug aus sozialen Aktivitäten führen.
  • Soziale Isolation: Aufgrund der Schwierigkeiten beim Sprechen können Menschen mit Stottern dazu neigen, soziale Situationen zu vermeiden, um unangenehmen Reaktionen oder Missverständnissen zu entgehen. Das kann zu sozialer Isolation führen.
  • Geringes Selbstwertgefühl: Das wiederholte Erleben von Kommunikationsschwierigkeiten kann das Selbstwertgefühl beeinträchtigen. Betroffene könnten sich minderwertig oder unsicher fühlen.
  • Depression: In einigen Fällen kann Stottern zu depressiven Symptomen führen, insbesondere wenn die emotionalen Belastungen über einen längeren Zeitraum bestehen bleiben.
  • Kommunikationsprobleme: Die Frustration über Kommunikationsprobleme kann zu Unverständnis und Missverständnissen in persönlichen und beruflichen Beziehungen führen.

Soziale Auswirkungen:

  • Eingeschränkte soziale Aktivitäten: Betroffene könnten dazu neigen, soziale Aktivitäten zu vermeiden, um möglichen unangenehmen Situationen aus dem Weg zu gehen.
  • Schwierigkeiten in der beruflichen Entwicklung: Stottern kann in beruflichen Situationen herausfordernd sein, vor allem dann, wenn klare und flüssige Kommunikation wichtig ist. Das könnte sich auf die berufliche Entwicklung und den beruflichen Erfolg auswirken.
  • Vorurteile und Stigmatisierung: Betroffene sind häufig mit Vorurteilen und Stigmatisierung konfrontiert. Unangemessene Reaktionen von Anderen haben wiederum Einfluss auf das Selbstwertgefühl.
  • Schwierigkeiten in sozialen Interaktionen: Stottern kann in sozialen Interaktionen zu Verständnisproblemen führen. Andere könnten Schwierigkeiten haben, das Gesagte zu verstehen, was zu Frustration auf beiden Seiten führen kann.
  • Entwicklung von ungünstigen Bewältigungsmechanismen: Einige Betroffene entwickeln Bewältigungsmechanismen, wie beispielsweise das Vermeiden von bestimmten Wörtern oder Situationen, um Stottern zu umgehen.

Schulische Auswirkungen:

  1. Weniger mündliche Teilnahme: Betroffene beteiligen sich weniger aktiv am Unterricht, um unangenehme Situationen zu vermeiden.
  2. Geringeres Selbstvertrauen: Stottern kann das Selbstvertrauen von Schülern beeinträchtigen, insbesondere wenn sie aufgrund ihres Sprechens von anderen Schülern gehänselt oder missverstanden werden.
  3. Schulische Leistungseinbußen: Wenn die Sprechflüssigkeit beeinträchtigt ist, hat das Einfluss auf schulische Aufgaben, bei denen mündliche Kommunikation wichtig ist, wie z.B. Präsentationen oder mündliche Prüfungen.
  4. Soziale Isolation: Kinder, die stottern, könnten Schwierigkeiten haben, sich in Gruppen einzufügen, was zu sozialer Isolation führen kann.
  5. Entwicklung von Stress und Angst: Der Druck, flüssig zu sprechen, insbesondere in schulischen Situationen, kann bei Betroffenen Stress und Angst verursachen.

Berufliche Auswirkungen:

  • Berufswahl: Manche Berufe könnten für Betroffene aufgrund der damit verbundenen Kommunikationsanforderungen weniger attraktiv erscheinen.
  • Karriereentwicklung: Stottern könnte die berufliche Entwicklung einschränken, da Betroffene möglicherweise weniger Chancen für Weiterbildungen oder Beförderungen haben, die eine effektive Kommunikation erfordern.
  • Stress am Arbeitsplatz: Die Angst vor stotternden Momenten während der Arbeit kann zu erhöhtem Stress führen und die allgemeine Arbeitszufriedenheit beeinträchtigen.

Behandlungsmöglichkeiten

Es gibt verschiedene Behandlungsmöglichkeiten für Betroffene, die darauf abzielen, die Kommunikationsfähigkeiten zu verbessern, das Selbstvertrauen zu stärken und die emotionalen Belastungen zu reduzieren. Die Wahl der Behandlung hängt oft von der Schwere des Stotterns, dem Alter der betroffenen Person und den individuellen Bedürfnissen ab. Hier sind einige gängige Behandlungsoptionen:

Sprachtherapie

Die Sprachtherapie ist die am häufigsten genutzte Methode zur Behandlung von Stottern. Ein Sprachtherapeut (Logopäde) arbeitet mit dem Betroffenen daran, flüssiger und entspannter zu sprechen. Die Therapie kann verschiedene Ansätze umfassen:

  • Fluency-Shaping-Techniken: Diese Techniken konzentrieren sich darauf, den Sprechfluss zu verbessern. Das geschieht dadurch, dass die Art und Weise, wie Worte produziert werden, vom Sprecher angepasst wird. Zu den Techniken zählen Atemübungen, Sprechgeschwindigkeitsanpassungen und rhythmische Muster.
  • Stuttering Modification-Techniken: Diese Techniken helfen dabei, die Art und Weise zu ändern, wie eine Person stottert. Sie beinhalten Strategien wie Prolongation (Verlängerung von Lauten), Blocküberwindung und Reduktion von Spannungen beim Stottern.
  • Elternberatung / Elterntraining: Bei stotternden Kindern ist eine frühzeitige Intervention besonders hilfreich. Ein erfahrener Sprachtherapeut kann Eltern dabei unterstützen, die Kommunikationsumgebung zu optimieren. Außerdem werden Eltern darin trainiert, im Alltag gezielte Übungen mit ihrem Kind durchzuführen, die das Stottern zu reduzieren.

Unterstützende Therapien

Neben der Sprachtherapie können zusätzliche Strategien zur Unterstützung eingesetzt werden:

  • Psychologische Unterstützung: Psychologische Beratung oder Psychotherapie können den Betroffenen helfen, die emotionalen Auswirkungen des Stotterns zu bewältigen und den Umgang mit Ängsten und Frustrationen zu erleichtern.
  • Selbsthilfegruppen: Die Teilnahme an Selbsthilfegruppen kann Betroffenen die Möglichkeit bieten, Erfahrungen auszutauschen, sich gegenseitig zu unterstützen und sich weniger isoliert zu fühlen.

Technologiebasierte Ansätze

Es gibt Apps und Software, die darauf abzielen, die Kommunikationsfähigkeiten zu verbessern und das Stottern zu reduzieren. Die Programme können Übungen, Feedback und Techniken zur Selbstüberwachung beinhalten.

Fazit

Stottern ist eine komplexe Sprechstörung, die sowohl physische als auch emotionale Auswirkungen haben kann. Wichtig ist, dass Stottern nicht auf mangelndes Selbstbewusstsein oder gar mangelnde Intelligenz zurückzuführen ist. Vielmehr handelt es sich um eine neurologische und genetische Störung, die gezielter Behandlungsformen bedarf.

Links

https://www.patienten-information.de/kurzinformationen/stottern
https://www.dbl-ev.de/erwachsene/redeflussstoerung

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