Stell dir vor, du liegst im Bett. Um dich herum ist alles dunkel. Stille. Du kannst dich nicht bewegen, nicht wegrennen. Du bist auf deinem Platz gefangen. Du bekommst Angst und beginnst nach Hilfe zu rufen. Niemand reagiert.
Du schreist lauter, immer panischer. Du bekommst mit, dass sich jemand in der Nähe befindet. Sie müssen dich doch hören! Ganz sicher! Du möchtest auf dich aufmerksam machen! Du fühlst dich traurig,verlassen, einsam und hilflos.
Nach einer gefühlten Ewigkeit werden deine Schreie nicht mehr ignoriert. Doch kurze Zeit später wirst du wieder allein gelassen. Du resignierst und stellst das Schreien ein.
Eine Horrorvorstellung? So sehen das auch die Kritiker der Ferber-Methode als “Schlaftraining” für Babys.
Warum das Schlafprogramm nach Prof. Dr. Ferber so umstritten ist, erfahrt ihr in diesem Artikel.
Was ist die Ferber Methode?
Unter der Ferber Methode wird ein Schlaftraining für Babys verstanden, das auf den amerikanischen Kinderarzt und Schlafforscher Ferber zurückgeht. Seine Idee sieht vor, dass Kinder lernen, ihr Schreien eigenständig zu regulieren.
Die Ferber-Methode galt ursprünglich als Notfallprogramm für Eltern mit Schreibabys. Durch das Anwenden des Schlaftrainings sollte verhindert werden, dass Eltern ihre Babys aus Überforderung heraus schlagen oder schütteln.
Anders als bei der “cry-it-out”-Methode, die ohne jegliche elterliche Zuwendung des Kindes auskommen soll, wird das Baby beim “ferbern” stufenweise von beruhigenden Maßnahmen entwöhnt.
Ziel soll es sein, dass das Baby lernt, ohne Hilfe ein- und durchzuschlafen. Im deutschsprachigen Raum wurde diese Methode durch den Bestseller “Jedes Kind kann schlafen lernen” (Kast-Zahn & Morgenroth,1995) bekannt.
Die Methode des Mediziners schien so erfolgreich, dass sich sein Nachname zu einem festen Begriff entwickelte.
Wie funktioniert das Schlaftraining nach Ferber?
Die Ferber-Methode ist eine Art Verhaltenstherapie, die darauf abzielt, das Schlafverhalten des Babys zu konditionieren.
Ferber rät dazu, das Baby im müden, aber wachen Zustand ins Bett zu bringen. Nach dem Abendritual verlassen die Eltern das Zimmer. In der Regel beginnt das Baby nun mit Schreien.
In der ersten Nacht werden die Eltern dazu angehalten, drei bis fünf Minuten zu warten. Erst dann sollen sie dem Kind kurz ihre Anwesenheit signalisieren. Kurz darauf verlassen die Eltern erneut den Raum. Die Zeitabstände von den “Kontrollbesuchen” werden nun kontinuierlich erweitert.
Es geht bei dieser Technik nicht darum, die Kinder dauerhaft alleine schreien zu lassen. Das regelmäßige Erscheinen am Babybett ist relevant für den “Lernprozess”. Laut des US-Arztes sollte die Abwesenheitsphase der Eltern, in dem das Kind schreit, 30 Minuten nicht überschreiten.
Nach wenigen Tagen sollen sich bereits erste Erfolge zeigen. Wichtig bei der Methode sei, dass sie konsequent durchgezogen wird. Andernfalls würde das Kind nicht lernen, sein Schlafverhalten den neuen Umständen anzupassen.
Warum sich Babys nicht in den Schlaf weinen sollten
Bislang existieren noch keine Studien, die wissenschaftlich beweisen, dass die Ferber-Methode bei Kindern nachhaltige Schäden hinterlässt.
Aus folgenden Gründen ist “ferbern” bei Kritikern dennoch so umstritten:
1. Handeln entgegen elterlicher Intuition
Zuerst einmal setzt ein solches Schlaftraining die absolute Konsequenz der Eltern voraus. Intuitiv widerstrebt es Eltern jedoch häufig, ihr Kind schreien zu lassen. Es fühlt sich falsch an, die Hilfeschreie des Babys zu ignorieren. Gleichzeitig soll es aber “richtig” sein? Nicht nur für Babys ist dieses “Schlaftraining” stressig, oftmals auch für die Eltern.
2. Ignorieren der Grundbedürfnisse
Nähe, Sicherheit, Beziehung und Geborgenheit sind evolutionäre Grundbedürfnisse. Das hilflose Baby ist auf die Erfüllung dieser Bedürfnisse angewiesen. Werden diese Bedürfnisse nicht erfüllt, gerät das Baby in einen “Panikmodus” des Überlebens.
Wird auf das angeborene Schutzbedürfnis nicht oder nur teilweise reagiert, kann es zur Folge haben, dass das Kind das Urvertrauen in die Bezugspersonen verliert. Das könnte eine gestörte Eltern-Kind-Bindung nach sich ziehen.
3. Stress
Schreien bedeutet Stress. Ist das Notfallprogramm des Kindes aktiviert, werden Stresshormone ausgeschüttet. Aus der Hirnforschung wissen wir, dass anhaltender Stress zu negativen Veränderungen im kindlichen Gehirn führt. Wiederholt sich die Stresssituation dauerhaft, können beispielsweise Angststörungen die Folge sein.
4. “Ferbern” hat nichts mit Lernen zu tun
Wird auf das Schreien nicht eingegangen, bekommen Kinder Angst. Wenn wir Angst haben, sind wir nicht in der Lage zu lernen.
Die fehlende Rückmeldung der Eltern signalisiert dem Baby lediglich, dass es von seinen Eltern keine Hilfe erhält. Ob die Hilfe zwei oder zwanzig Minuten auf sich warten lässt, wissen die Babys nicht. Sie verfügen über ein anderes Zeitempfinden.
5. Schreien bedeutet Mitteilen
Babys schreien nicht, weil sie die Geduld ihrer Eltern auf die Probe stellen wollen. Sie schreien nicht, um uns zu ärgern. Sie schreien, weil das die einzige Möglichkeit ist, sich mitzuteilen. Um uns zu sagen, dass etwas nicht stimmt. Das gewisse Bedürfnisse nicht erfüllt sind. Es möchte, dass wir auf die Hilferufe eingehen. Die Bedürfniserfüllung ist schließlich elterliche Aufgabe.
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Fazit
Mit dem Willkommenheißen eines kleinen Erdenbürgers werden gleichzeitig die Nächte zu einer wahren Belastungsprobe. Nur verständlich, dass Eltern sich wünschen, dass ihr Kind ein- und vor allem durchschläft!
Die Kritikpunkte sind naheliegend.
Die möglichen Erfolge, die sich beim “Ferbern” einstellen, beruhen auf der Erschöpfung des Kindes. Der “Lernprozess” besteht darin, dass das Kind versteht, dass ihm keiner hilft, wenn es schreit. Das Baby hat resigniert.
Etwas, was die meisten Eltern wohl nicht beabsichtigen.
Hört auf eure “elterliche” Intuition und vertraut darauf! Das Bauchgefühl ist oft der beste Ratgeber.
Wie Kinder ein positives Verhältnis zum Schlaf entwickeln können, findet ihr hier und hier.
Wenn deine Nerven aufgrund des akuten Schlafmangels blank liegen, versuche Entlastungsmöglichkeiten zu finden. Scheue dich bitte nicht davor, dir professionelle Unterstützung zu suchen.
Was ist deine Meinung zu Einschlaftrainings? Schreibe es gerne in die Kommentare!
Quellen
[1] https://www.kindergesundheit-info.de/themen/schlafen/schlafprobleme/schlaflernprogramme/
[2] http://parentingscience.com/Ferber-method/
[3] https://www.gewuenschtestes-wunschkind.de/2013/05/schreien-lassen-warum-babys-nicht.html